Design Thinking Workshop im Beach Motel St. Peter-Ording

Beach Motel St. Peter-OrdingEs gibt diese Orte, die in unserer Phantasie leben und von Zeit zu Zeit haben wir das Glück, sie in der Realität zu finden. Der Himmel ist dort blauer, die Luft klarer und der Sand weisser. Die Menschen sind entspannter, die Laune un­­beschwer­­ter und selbst in dem Augen­­blick, wo wir wirklich da sind, erscheint es uns unwirklich.

Cape Cod oder Martha‘s Vineyard in Massachusetts sind solche Orte, die Hamptons auf Long Island gehören dazu oder die Bars von Key West, die Jimmy Buffet in seinem Song „Margaritaville“ besingt. Auch das Beach Motel in St. Peter-Ording ist einer dieser Orte, wo Wirklichkeit und Traum im verwaschenen Grau der Holzwände zu verschwimmen scheinen.

Christian und ich hatten das Glück, dort einen Workshops halten zu dürfen und der Zauber des Hotels ist auf uns übergesprungen.

Das Beach Motel ist ein Hotel am Ordinger Deich von St. Peter-Ording. „Hotel war gestern“ ist sein Motto und dem macht es wirklich alle Ehre. Schon bevor man die Lobby betritt, wird man von Outdoor-Fatboys, Hängematten und Liegestühlen begrüßt. Die Lobby selbst erinnert mit ihren antiken schweren Ledersesseln und den Surfboards hinter der Rezeption an eine Mischung aus edlem Bed and Breakfast und Strandhütte. Obwohl die Dekorationen haarscharf am Kitsch vorbeischrammen (riesiger Plastikhaikopf über dem Videokaminfeuer), wirkt das Beach Motel überhaupt nicht peinlich. Selbst die Gästetoiletten mit den in Holz eingelassenen Metallwaschzubern und den Stalltüren sind sehr authentisch durchgestylt. Mir persönlich haben die Schiefertafeln in den Kabinen gefallen, die sofort die Kreativität zum Sprudeln bringen.

Unser „Konferenzraum“ war ein Hotelzimmer, das wahlweise für Übernachtungen oder Workshops gebucht werden kann und wurde eigens für uns schnell mal umgewandelt (Schlafsofa zusammengefaltet, Tische und Stühle, Flipchart und Pinwand reingestellt, großer Flatscreen wird zur Projektionsfläche). Für unsere Zwecke zwar einen Hauch zu eng, aber der Stimmung unserer Teilnehmer tat es keinen Abbruch.

Eigentlich passte die Umgebung sogar perfekt zum Design Thinking, wo man ständig versucht, mit gegebenen Limitierungen, das vielleicht sogar bessere Ergebnis zu erzielen.

„Design Thinking – was ist das denn?“ fragen Sie sich vielleicht. Okay – für Einsteiger eine Kurzfassung: Design Thinking ist Freude an harter Arbeit mit viel handfester Kreativität.

Oder etwas länger ausgedrückt:

Lösungen und Produkte herzustellen, die dem Kunden wirklichen Mehrwert liefern, gründet auf der Fähigkeit, zu verstehen, welche Bedürfnisse Kunden haben und sie in die Lage zu versetzen, Ihre Ziele zu erreichen. Leider vergessen wir viel zu oft, dass Kunden menschlich sind – eine vielschichtige Mischung aus Logik und Gefühlen. Erfolgreiche Produkte und Dienstleistungen adressieren beide Bereiche menschlicher Intelligenz – Herz und Verstand. Design Thinking ist eine Arbeitsweise, die diese beiden Bedürfnisse des Menschen ausgewogen berücksichtigt.

Dabei wird iterativ vorgegangen. Bewährte Handwerkszeuge unterstützen Teams in den verschiedenen Projektphasen. Dabei sollen nicht die Standardprozesse von Unternehmen ersetzt, sondern in einer Form unterstützt werden, dass Rahmenbedingungen für Kollaboration und Kooperation zwischen allen Beteiligten geschaffen werden.

Das Beach Motel könnte das Ergebnis eines solchen Prozesses sein, ohne dass dies den Erbauern bewusst gewesen sein muss. Erfolgreiche Unternehmertypen arbeiten sehr häufig ganz intuitiv in dieser Weise, ohne darüber nachzudenken. Für alle anderen gibt es Design Thinking, um diese unternehmerische Denkweise strukturiert zu lernen oder an ihre Mitarbeiter auszurollen.

Das war auch das Ziel unseres halbtägigen Workshops, der unter folgendem Motto lief: „Entwerfen Sie den idealen Pfahlbau!“

Wir hatten dieses Thema gewählt, weil die Pfahlbauten am Strand von St. Peter-Ording ganz typisch für den Ort sind und bereits zu unterschiedlichsten Zwecken (Restaurants, Sanitärräume, Surfschule, Badeaufsicht…) genutzt werden.

Unsere Teilnehmer hatten vorher durchweg noch keinerlei Berührung mit dem Thema Design Thinking.

Nach einer kurzen Einführung in die Vorgehensweise begannen die Teilnehmer in Dreiergruppen, Interviews mit Personen zu führen, die sich rund ums Hotel bewegten. Ziel war dabei, zu erkennen, dass sich die eigenen Idealvorstellungen, von denen anderer Menschen unterscheiden können und dadurch ein ganzheitlicheres Bild von den Bedürfnissen der Menschen vor Ort zu gewinnen.
Im nächsten Schritt, erzählten sich die Gruppen gegenseitig, welche Geschichten sie jeweils gehört hatten, gruppierten inhaltliche Schwerpunkte und formulierten die Quintessenz ihrer Erkenntnisse in einer Frage, welches „Kundenproblem“ denn nun zu lösen sei.
Basierend auf dieser Frage wurden in einer Brainstormingrunde Ideen gesammelt. Methoden waren dabei klassisches stilles Brainstorming, Gruppenbrainstorming und assoziatives Brainstorming anhand von Memory-Bildern.
Dann kam der ersehnte Teil des Tages – das Prototyping – von den Teilnehmern auch liebevoll als Basteln bezeichnet. Dafür stand jede Menge inspirierendes Material zur Verfügung. Die bereits herrschende Energie wurde beinahe greifbar, als die Teams lebensnahe Pfahlbauten herstellten oder in Moodboards (Themenkollagen) die Atmosphäre der Lösung anschaulich machten. Man konnte wirklich wahrnehmen, wie der Flow die Teilnehmer ins Schwelgen in ihrer Kreativität brachte.
Entsprechend stolz wurden dann auch die Ergebnisse präsentiert und zur Diskussion gestellt – im Prozess auch Validierung genannt.
Abschliessend äusserten alle Teilnehmer noch ihre (durchweg begeisterten) Eindrücke des Nachmittags, bevor wir uns ins Restaurant Diike bewegten, um dort noch ein gemeinsames Abendessen zu geniessen.
Die Füsse im Sand unter den Tischen, lehnten wir uns bei leckerem Essen zurück und genossen die entspannte Atmosphäre. Anschliessender Kommentar eines Teilnehmers auf Facebook:

„Es gibt Tage … da nimmt man für sich selber eine Menge mit! Gestern war so ein Tag!“