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Jugend und Digitalisierung (Teil 2)

Im ersten Teil dieses Beitrags bin ich der Frage nachgegangen, warum sich Kinder und Jugendliche mit dem Thema Digitalisierung und Softwareentwicklung beschäftigen sollten. Im zweiten Teil geht es nun um die Rolle der Schulen hierbei.

Wir brauchen Begeisterung

mBot

Der mBot wurde entwickelt, um Kinder ab 8 Jahren an di Themen Programmieren und Elektronik heran zu führen.

Digitalisierung und der kreative Umgang mit Informationstechnologien ist ein wichtiges Zukunftsthema. Viele Eltern, Lehrer, Politiker – sprich Erwachsene – sehen das so. Damit sich Kinder und Jugendliche für das Thema begeistern, wollen sie Spass haben, ernst genommen werden, sich Herausforderungen stellen und Dinge ausprobieren. Sie schauen nicht in erster Linie auf die Zukunftschancen.

Wenn sich Kinder für ein Fach  in der Schule, eine Sportart, das Musizieren oder anderen Hobbies zu begeistern, stecken dahinter häufig engagierte Lehrer, Trainer, Eltern, Teamleiter, etc. Diese Annahme ist wesentliche für die weitere Diskussion.

Welchen Beitrag kann die Schule dabei leisten?

Die Schule ist die natürliche Wahl, um ein wichtiges Zukunftsthema wie die Digitalisierung zu adressieren und die Schüler abzuholen. An keinem anderen Ort, werden so viele Kinder und Jugendlichen erreicht.

Aus den Reihen der digitalen Community kommt daher regelmäßig die Forderung, Informatik als Pflichtfach in der Schule einzuführen. Ich stehe diesem Ansatz noch immer zwiespältig gegenüber, denn die Frage ist, ob die Schulen alleine über genügend Ressourcen verfügen, um mit der Dynamik und Komplexität der Veränderung in der Informationstechnologie Schritt zu halten und gleichzeitig allen anderen Veränderungsthemen gerecht zu werden, die sowieso bereits an sie herangetragen werden (G8/G9, Einführung von Gemeinschaftsschulen, Erneuerung pädagogischer Konzepte, etc.) .

[three_fourth][embedvideo type=“youtube“ id=“ZoJyj62Cfgg“][/three_fourth][one_fourth_last]Fünftklässler bringen den Robotern bei, auf dem Spielfeld zu bleiben und anderen Robotern auszuweichen.[/one_fourth_last]

Veränderungsgeschwindigkeit

Historisch gesehen gibt es wohl kein Fach, welches sich inhaltlich so schnell und kontinuierlich verändert, wie die Informationstechnologie. Dies betrifft die Hardware, die Software und die Ansätze, wie man Kindern und Jugendlichen dieses Thema vermittelt.

Und mal ehrlich: Selbst viele Wirtschaftsunternehmen tun sich mit der Einführung neuer Technologien schwer. Sogar Softwareentwickler fokussieren sich in der Regel lieber auf die ihnen vertrauten Bereiche und Technologien, solange sie nicht gezwungen sind, sich mit Neuerungen auseinander zu setzen.

Warum sollten sich also die Schulen damit leichter tun? Die Forderungen an die Schulen, der Thematik gerecht zu werden, müssen allerdings realistisch und fair sein und die bestehenden Rahmenbedingungen beherzigen.

Konkurrenz der Inhalte

Hinzu kommt noch die thematische Breite. Geht es um Informatik an der Schule, so gibt es drei miteinander konkurrierende Themengebiete:

  • Medienkompetenz (sicheres Surfen und Verhalten im Internet)
  • Umgang mit Anwendungen wie Excel oder Word
  • Programmieren und kreativer Umgang mit IT

Nach meinen Beobachtungen bleibt der letzte Punkt am ehesten auf der Strecke. Das Argument: die anderen beiden wären wichtiger da relevanter für einen größeren Teil der Schüler.  Beim Thema Medienkompetenz bin ich mit dieser Betrachtungsweise einverstanden – ich halte das Thema für unverzichtbar. Das Risiko, dass Eltern damit alleine gelassen werden und davon überfordert sind, ist einfach zu hoch. Es erstreckt sich aber nicht über die gesamte Schulzeit.

Schaut man sich hingegen an, wie leicht sich die Schülerinnen und Schüler damit tun, die Apps auf ihren Smartphones zu bedienen, dann kann man davon ausgehen, dass sie sich die Bedienung von  Word oder Excel leicht selbst aneignen können, wenn sie diese Werkzeuge wirklich brauchen. Aus meiner persönlichen Sicht müsste dieser Themenbereich an den Schulen nicht unbedingt im Unterricht gelehrt werden. Natürlich sollen Schüler aber trotzdem Excel oder Word einsetzen, um z.B. Messdaten auszuwerten oder Projekte zu dokumentieren und dadurch den Umgang damit erlernen.

Wie also weiter?

Code Week AppCamps Betahaus

Wie sich Kids für das Programmieren begeistern lassen, zeigen Veranstaltung wie von AppCamps bei der Code Week (Foto: Tamo Becker)

Die Forderung nach einem Informatik-Pflichtfach ist aus meiner Sicht zu einfach und nicht ausreichend. Wahrscheinlich gibt es auch nicht die eine richtige Antwort, wie Kinder und Jugendliche an das Thema heran geführt und begeistert werden können. Vielmehr wird man verschiedene Ansätze kombinieren müssen und zu lokalen Lösungen kommen. Die Entwicklung ist zu dynamisch für statische Lösungen. Als Elemente solch lokaler Lösung sehe ich dabei folgende Bausteine:

  • Die Schulen müssen innerhalb des regulären Unterrichts Freiraum schaffen, das Thema Programmieren (auch Webdesign und Apps) ohne festen Lehrplan zu adressieren. Eine Beschränkung auf Arbeitsgemeinschaften ausserhalb des regulären Unterrichts reicht nicht aus.
  • Die lokale Wirtschaft soll die Möglichkeit in Betracht ziehen,  sich bzgl. der Ausstattung zu engagieren. Die Roboter und Laptops, welche ich in den Workshops genutzt habe, wurden beispielsweise von der Wirtschaftsinitiative St. Peter-Ording gespendet (Bericht in den Husumer Nachrichten).
  • Die Gestaltung der Unterrichtsinhalte kann durch externe Initiativen unterstützt werden. Dadurch lassen sich schneller neue Trends aufgreifen und der Unterricht attraktiver gestaltet werden. Beispiele sind AppCamps und Roberta. Engagierte Lehrer sind froh über solche Unterstützung.
  • Unternehmen aus der IT-Branche oder entsprechendem Know-How sollten sich verstärkt engagieren. Nur so ist es möglich, aktuelles Wissen in die Schulen zu tragen. SAP hat beispielsweise viele Aktivitäten zur Code Week angeboten und unterstützt. Ich bin in Teilzeit bei SAP angestellt und wurde für die Vorbereitung der Workshops und einen der Workshops freigestellt.
  • Es wird nicht ausreichen, sich auf das ehrenamtliche Engagement von externen Experten zu verlassen. Hier muss überlegt werden, wie Möglichkeiten geschaffen und wie diese finanziert werden können. Sofern dies nicht über die öffentlichen Haushalte zu realisieren ist, kann man durchaus an Stiftungslösung o.ä. denken.
  • Die Wirtschaftsförderungen sollten sich des Themas annehmen und als Vermittler zwischen Unternehmen und Schulen fungieren.