spieleentwicklung

Schulfach: Computerspiel-Entwicklung

Wie müsste Schule funktionieren, um unsere Kinder auf ihre Zukunft vorzubereiten? Erstaunlicherweise wäre das gar nicht so schwer – mit einem neuen Schulfach Computerspiel-Entwicklung. Dies würde wichtige Kompetenzen fördern: Kreativität, Kommunikation, Empathie, Gleichberechtigung, Selbstbewusstsein. Und mehr noch, es hätte sogar gesellschaftliche Relevanz.

Ist das möglich? Auf jeden Fall.

Schauen wir also mal unvoreingenommen auf das Thema Spieleentwicklung, und was es als Schulfach leisten könnte. Die meisten Jugendlichen mögen Computerspiele irgendeiner Art. Warum soll man sich das nicht zu nutze machen, um ihnen den Weg zu wichtigen Zukunftskompetenzen zu ebenen?

Kreativität, Kooperation, Gleichberechtigung

Die Entwicklung eines Computerspiels ist ein komplexer Vorgang, der viele Fähigkeiten vereint, die ansonsten nur einzeln in der Schule unterrichtet werden, oder teilweise gar nicht.

  • Deutsch: Wie kann man über ein Computerspiel eine Geschichte erzählen?
  • Geschichte: Es könnte auch ein historisches Thema sein.
  • Psychologie: Was macht ein Spiel spannend oder unterhaltsam?
  • Kunst: Entwicklung von Design und grafischen Elementen
  • Musik: Beschäftigung mit Sound und Musik
  • Wirtschaft: Geschäftsmodelle und Vertriebswege von Spielen
  • Informatik: Umsetzung der Spielelogik in Code
  • Fremdsprachen: Übersetzung von Texten
  • Sozialwissenschaften: Auseinandersetzung mit Spielsucht

Fleiß hilft nicht – Kreativität schon

Im Gegensatz zu vielen Schulfächern, kommt man mit reinem Fleiß nicht weit. Vielmehr werden Kreativität und Kooperation gefördert, weil eine einzelne Person in diesem Feld nicht weit kommt. Diese Breite schafft Raum für jede Schülerin und jeden Schüler, etwas Spannendes für sich zu finden. Einzelbegabungen, Geschlecht und Herkunft spielen mit Blick auf den gesamten Prozess eine viel geringere Rolle, als es in anderen Schulfächern der Fall ist. Vor dem Hintergrund der Gleichberechtigung ein riesiger Pluspunkt.

Der Spielemarkt ist inzwischen größer als alle anderen Medienbereiche zusammengenommen. Und er wächst beständig weiter. Aber natürlich soll nicht jede Schülerin oder jeder Schüler eine Karriere in der Spieleindustrie anstreben. Es ist daher wichtig zu verstehen, welche Zukunftskompetenzen die Jugendlichen erwerben, die ihnen ausserhalb weiterhelfen.

Spieleengines erobern die Welt

Hinter praktisch jedem Computerspiel steht heute eine sog. Spieleengine, die Basis, um dreidimensionale Bilder zu erzeugen. Mit diesen Engines werden schon lange nicht mehr nur Spiele umgesetzt. Sie werden genutzt, um Animationsfilme zu machen, die Hintergründe von Fernsehstudios und künstliche Kulissen in Serien und Spielfilmen zu generieren. Sie werden eingesetzt, um künstliche Welten zu schaffen, in denen autonome Fahrzeuge trainiert werden. Auf ihrer Basis werden AR- und VR-Anwendungen für die Industrie entwickelt, oder interaktive Mediensysteme für Museen. Aus technischer Sicht werden die Schülerinnen und Schüler also auf viele Zukunftsthemen vorbereitet. 

Soziale Kompetenzen für die Zukunft

Nicht zu vergessen aber auch die sozialen Fähigkeiten wie Empathie, Kommunikation und Kooperation. Ein Spiel kann nur erfolgreich sein, wenn man nicht nur seine eigene Idee umsetzt, sondern den Spieler versteht. Was macht ihr oder ihm Spaß? Wie vermittle ich jemandem die Idee, oder bekomme Feedback? Wo bekomme ich Unterstützung von anderen? Unabhängige Spieleentwicklerinnen und -entwickler kooperieren heute mit anderen Kollegen auf der ganzen Welt, um Kompetenzen abzudecken, die sie selbst nicht haben. 

Diese sozialen Kompetenzen werden für fast alle Berufsfelder immer wichtiger. Auch für nicht-digitale Tätigkeiten.

Selbstbewusstsein für die Gesellschaft

Und dann ist da noch der gesellschaftliche Aspekt. Wir sehen in den letzten Jahren zwei Entwicklungen. Auf der einen Seite wird unsere Welt immer komplexer. Neue Technologien entstehen, soziale Medien verändern das Kommunikationsverhalten, internationale Abhängigkeiten nehmen zu. Auf der anderen Seite gibt es zunehmend Menschen, die sich in dieser Welt immer weniger zurecht finden, die das Gefühl haben, marginalisiert zu werden. Dinge, die früher verstanden wurden, funktionieren anders. Populisten nutzen dies aus und versuchen, unsere gesellschaftliche Basis zu unterminieren.

Ein wirksamer Schutz gegen diese Bestrebungen sind selbstbewusste Jugendliche, die das Gefühl haben, die neue, digitale Welt zu verstehen und (mit-)gestalten zu können. Hier könnte ein Schulfach Computerspiel-Entwicklung einen substantiellen Beitrag leisten. Denn das ist der Kern: gemeinsam mit anderen eigene Ideen für andere umsetzen und damit die Zukunft gestalten.

Ist das machbar?

Vielleicht noch ein paar Worte zur Machbarkeit. In den letzten Jahren wurden die technischen Hürden für die Spieleentwicklung immer weiter abgebaut. Viele der Spieleengines bieten inzwischen die Möglichkeit, Spielelogiken in grafischer Form zu entwickeln, ohne eigentlichen Code zu schreiben. Viele der Engines sind für nicht-kommerzielle Nutzung ohnehin frei, oder es gibt spezielle Programme für Bildungseinrichtungen. Für viele benötigte Tools (Grafik, Sound) gibt es freie Lösungen. Es gibt Schulungsprogramme für Lehrkräfte, und natürlich unzählige YouTube-Kanäle. 

Unsere Kinder haben bereits mehrere Spieleentwickler-Workshops mitgemacht. Mit Jungs und Mädchen, und mit all den Aspekten, die ich oben angeführt habe. Zudem helfen sie mir bei unserem Familienprojekt Beans or Bones.

Man müsste es also nur wollen.