Nach meinem Besuch des Silicon Valleys im November 2017 stand fest - das wir unseren Produktionsprozess und unsere Workshop-Kultur, die wir in 12 Jahren aufgebaut hatten, komplett überdenken sollten.
Boris Zander, seal Media GmbH
Lean Startup begegnete mir im Valley überall. Design Thinking an vielen Stellen. Die Lean Startup Philosophie erschien mir dabei als DER Leitfaden, der alles agiler machen kann. Design Thinking wirkte dagegen etwas zu abstrakt – um es in unseren Alltag einzubinden.
Ende November konnte ich bei Inga Wiele an einen Design-Thinking Schnupperkurs über 3 Stunden an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel teilnehmen und beschloss das DT womöglich doch Anwendung in der täglichen Arbeit finden könnte.
Im Januar habe ich Inga dann für einen Tages-Workshop zum Thema DT gebucht. Alle Mitarbeiter waren nach diesem Tag wie elektrisiert. Alle erkannten das DT einen Prozess im Denken freisetzt, den wir bisher zu sehr vernachlässigt hatten. Während dieses eintägigen Workshops haben wir an einer realen Fragestellung für eines unserer Games gearbeitet. Es ging dabei vereinfacht um die Gruppenfunktion im Spiel, bei der sich mehrere Spieler zusammenschließen können.
Herausgekommen sind drei rudimentäre Prototypen, die wir als Basis genommen haben um den DT-Prozess im Unternehmen zu diesen Ergebnissen noch einmal zu durchlaufen. Ein Prototyp des Workshops wurde direkt verworfen, ein Prototyp (KI gesteuerte Gruppenfunktion) wurde intern als zu kompliziert – aber interessant, ein Prototyp (mehr Mitglieder in einer Gruppe) als simpel aber effektiv eingestuft.
Wir begannen mit der KI gesteuerten Gruppenfunktion. Der erste Prototyp, der bei uns im Unternehmen entstand warf viele Fragen auf – aber wenig Hindernisse, weshalb wir uns entschieden eine Folgeveranstaltung zu diesem Thema zu machen und den Prototypen weiter zu entwickeln.
Das Ergebnis überraschte, denn es kam dabei ein in sich schlüssiger Prototyp heraus, der in einem unserer nächsten Spiele verwendung finden wird. Der Prototyp “Mehr Mitglieder” in die Gruppe, schaffte es (wieder zu unserer Überraschung) gar nicht erst bis zum Prototypen, da die Gruppe in der Vorplanung bereits so viele Hindernisse entdeckte, das beschlossen wurde, die Arbeit einzustellen.
Noch im letzten Jahr, hätten wir die Idee mit “Mehr Mitglieder” sofort in ein Designdokument geschrieben und in die Produktion übergeben – da im ersten Moment alle dieser Idee zugestimmt hatten. Die Idee mit der der KI gesteuerten Gruppen hätten wir hingegen verworfen.
Im Laufe der Produktion wären wir über die Hindernisse gestolpert und hätten das Feature vermutlich trotzdem durchgezogen, weil bereits erhebliche Ressourcen in die Entwicklung geflossen sind.
DT mag im ersten Moment wirken als würde der Prozess verlangsamt werden, doch am Ende (wenn das Feature fertig im Spiel ist) spart DT erhebliche Ressourcen.
Hinzu kommt die Motivation der Mitarbeiter. Wir binden alle in diese Prozesse mit ein (Design, Marketing, Entwicklung, Support) und auch immer in unterschiedlichen Konstellationen - dadurch bekommt man einen frischen Blick auf die gestellten Fragen und damit oft bessere Ergebnisse.
Wir durchlaufen nicht immer den kompletten Zyklus der DT-Prozesses. Wir haben unsere Persona für unser Game definiert (Sie ist ein realer Kunde) und orientieren uns an ihr. In der Regel sind für unsere DT-Workshops max. 3 Stunden angesetzt.
Das bezieht sich allerdings nur auf die Entwicklung neuer Features.
DT hat aber unsere gesamte Arbeitsweise umgestellt. Es werden kaum noch Ideen in Dokumenten erfasst und irgendwo abgespeichert. Alles beginnt immer mit Post-Its, Papier und Stift. Etwas zu Papier zu bringen, es aufzuhängen, umsortieren und mit den Kollegen direkt zu interagieren, hat einen neue kreativität im Unternehmen freigesetzt.
DT ist aus unserer Sicht nicht ein Prozess der nach einem Schema abläuft sondern ein Prozess, der die eigene Sicht auf die tägliche Arbeit weitet.
seal Media GmbH, Kiel
Web: https://seal.games
Einführung von Design Thinking in der Spieleentwicklung
2018