27 Mai Wie geht Zukunft? brand eins Konferenz am 21. Mai 2015 in Hamburg
„So geht Zukunft!“ – unter diesem Versprechen lief am 21. Mai 2015 die brand eins Konferenz (#b1konf) in Hamburg.
Was habe ich mitgenommen?
Zukunft wird von denen gestaltet, die das Neue nicht fürchten:
- Die sich verletzlich machen und wagen zu scheitern.
- Die die Kompetenz entwickeln, zu entscheiden, was für sie relevant ist.
- Die offen sind, Fehler zu machen, um die Welt zu verstehen.
- Die die Einleitung überspringen und direkt auf Seite 20 anfangen.
- Die so tatkräftig sind, aus Ideen Prototypen zu machen.
- Die in einer Kultur des engagierten Miteinanders arbeiten.
Jeder Talk für sich wäre einen Blogbeitrag wert. Hier ein paar kurze Zusammenfassungen.
Marie Meimberg ist erfolgreich auf YOUTUBE und bekennt: Wer etwas von sich preisgibt, ausprobiert und offen ist, macht sich verletzlich. Das ist eine Chance!
Firmen, Eltern und Fernsehsender suchen bei ihr Rat und fragen „Wo sollen wir anfangen? Sagen Sie es uns!“. Ihre Antwort: Entwickeln Sie den Mut und die Kompetenz, selbst zu entscheiden, was für Sie/Ihre Zielgruppe relevant ist. Finden Sie Menschen, denen Sie zutrauen, die für Sie relevanten Inhalte zu kuratieren. Und: Tristesse unterdrückt Kreativität – Schaffen Sie ein Klima, das Kreativität fördert.
Viktor Mayer-Schönberg beschäftigt sich mit der Rolle von Information in unserer Gesellschaft und unter welchen Voraussetzungen Innovation entsteht. Innovation lässt sich nicht verordnen. Man muss herauszufinden, „Was“ funktioniert. Das „Warum“ ist nicht immer notwendig. Offenheit ist die Voraussetzung von Innovation. Die entsteht durch den richtigen Mix an Menschen und Umweltbedingungen. James und Robert dienen als Beispiele dafür – sie netzwerken unterschiedlich: Robert bringt neue Impulse und James weiss, wie man sie umsetzt. Trotzdem sind sie sich nicht immer „grün“. Ach ja, und dass Big Data geholfen hat, herauszufinden, dass Apple Pie der am wenigsten gehasste Kuchen ist.
Ingmar Hoerr erforscht neue Möglichkeiten zur Heilung von Krankheiten. Das macht er so revolutionär, dass Bill Gates und Dietmar Hopp ihn fördern. Er hat erfahren, dass Bill Gates keinen Smalltalk macht und das Management Summary einfach überspringt. „Der steigt direkt auf Seite 20 ein“. Die Herkunft aus der Provinz (Tübingen) hat es dem sympathischen Schwaben oft nicht leicht gemacht. Aber für ihn war immer klar: „Ich muss durchsetzen, woran ich immer glaube.“
Gesche Joost ist Designforscherin und Politikerin. Sie hält nichts von Ideen. Ohne Prototyp ist eine Idee nichts wert. Einfach anfangen! Makerhubs sind die Brutstätten der Produkte von Morgen. Sie selbst brennt für Wearables. Die Sensoren der Prototypen werden derzeit von den Pionieren programmiert und in selbstgestrickte Klamotten eingenäht. Damit können z.B. Taubblinde kommunizieren, das ist natürlich ein Extrembeispiel. Frau Joost selbst nutzt einen Handschuh, der sie erinnert, immer mal wieder eine Pause zu machen.
Tarek Müller baut seit 2005 (da war er noch Schüler) Onlineshops. Er hat am eigenen Leib erfahren, wie nahe Erfolg und Scheitern beieinander liegen. Shisha-Pfeifen und Pokerbedarf waren Marktlücken, die er erkannte und erfolgreich nutzte. Heute baut er für die OTTO-Group die Plattform About You, wo sich Kunden à la Facebook und Apple ihr eigenes Fashionprofil zusammenstellen können.
Christian Langer arbeitet leitend ohne Hierarchie bei der Firma Gore. Die erzeugt eine starke Marke, weil sie öfter „Nein“ als „Ja“ sagt. Damit sich die erfolgsversprechenden Ideen durchsetzen, gibt es Tools und klare Prozesse (u.a. Design Thinking). Extern setzt Gore auf CoCreation – Partnerschaft auf Augenhöhe mit Qualitäts-/Innovationsführern am Markt. Intern herrscht eine Kultur des engagierten Miteinanders, einer offenen Innovations-/Kommunikationskultur, in der alle das gleiche wollen.
Amel Karboul war Tourismusministerin während der Übergangsregierung in Tunesien. Bewegend berichtete sie, wie sie dort „Democracy as a startup“ eingeführt haben. Von Morddrohungen, weil sie Israelis erlaubt hat, Tunesien als Touristen zu besuchen. Wie häufig sie an Rücktritt gedacht und trotzdem weitergemacht hat. Dass Zweifeln zu Glauben führt . Allerdings: „Wenn man etwas als unerreichbar betrachtet, dann schafft man es auch nicht.“
Der Meteorit zum Abschluss war Albert Schmitt, Managing Director der Kammerphilharmonie Bremen. Er führt ein Orchester, in dem alle Musiker Gesellschafter sind. Geprobt wird in den Räumen einer Gesamtschule. Daraus entstand unter anderem eine Kooperation, die Schüler der Schule involviert. Die Idee: „Vom Opfer zum Schöpfer“. Eine sehr bewegende Gesangsdarbietung bildete so auch den Abschluss des Programms. Und so sang letztendlich das gerührte Publikum gemeinsam mit den Künstlern: „Nie war mehr Anfang als jetzt“.
Danke an brand eins, weil sie uns immer wieder Geschichten und Hintergründe erzählt, die in der idealisierten Scheinwelt der Mainstream-Wirtschaftsmagazine nicht in dieser Form zum Zuge kommen. Ihre Glaubwürdigkeit und Idealismus ermutigen mich im Glauben, dass Wirtschaft sich positiv für alle Beteiligten erneuern kann. Diese Geschichten gebe ich gerne weiter.