Kreativcoach

Design Thinking: Geh mir weg mit Kreativität

Jeden Tag springen uns derzeit die Bilder aus den Management-Magazinen entgegen: Bunte Zettel an den Wänden, Menschen, die lustige Spaghettitürme bauen, lachende Gesichter. Sie suggerieren: Du musst nur Deine Mitarbeiter einen Tag lang ein bisschen bespaßen und schwupp: Magie durch Design Thinking!

Ganz anders die Botschaften, die ankommen, wenn sich Leute zu Wort melden, die sich schon eine Weile in ihrer praktischen Arbeit in Unternehmen mit Design Thinking auseinandersetzen: Wie bekommen wir es in unsere Abläufe integriert? Es ist so anstrengend! Unsere Mitarbeiter sind verunsichert. Das mittlere Management wartet darauf, dass „es“ endlich vorbei ist.

Unsere Einsichten über die letzten 6 Jahre, in denen wir beständig mit Design Thinking arbeiten. 
1. Design Thinking macht Unsicherheiten explizit. 
2. Design Thinking bietet Ansätze, die helfen, den Umgang mit Unsicherheit erträglich zu machen. 

Ich hatte das Glück, zu meinen Design Thinking Anfängen mit einer Kollegin zu arbeiten, die immer sagte:
„Inga – you have to learn to deal with ambiguity
Das meint Dave Kelley (der Vater des Design Thinking), wenn er von Creative Confidence spricht.
Du musst lernen, darauf zu vertrauen, dass die Nutzung von Design Thinking Dich über die Zeit mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Ziel bringt, als vermeintliche Sicherheit durch das Ignorieren von Hindernissen.“

Leider wird Design Thinking in Deutschland sehr gerne auf Kreativitätstechnik und Workshops mit Eventcharakter reduziert. Viele erwarten von Design Thinking, dass am Ende etwas „besonders Kreatives“ dabei rauskommen muss und mit Ende ist ganz häufig das Ende des Workshoptages oder der zwei Workshoptage gemeint, die Teams ein-, zweimal im Jahr für Experimente zugestanden werden.

Mittlerweile hören wir häufig: „Das haben wir mal gemacht und es hat uns nicht wirklich weitergebracht.“ – und genau da liegt der Knackpunkt:

Design Thinking ist eine Arbeitsform, die die konventionellen Arbeitsmethoden täglich ergänzen muss und ständige Iteration erfordert, um Wirkung zu zeigen.

Ein ein- oder zweitägiger Workshop kann immer nur ein Einstieg in diese neue Form des Arbeitens sein. Sonst ist das Ergebnis spätestens ein paar Tage nach dem Workshop häufig Ernüchterung. Zwar schließt der Workshop selbst in der Regel mit Euphorie ab – weil Design Thinking Workshops wirklich Spaß machen und unerwartete Ergebnisse bringen. Danach aber startet die eigentliche Arbeit und das Weitermachen. Es tun sich Hindernisse auf und es stellt sich heraus, dass sich Dinge anders entwickeln, als erwartet. Würde dann wirklich Design Thinking eingesetzt werden, müsste jetzt eine weitere Schleife gedreht werden – Iteration eben.

Stattdessen werden die herkömmlichen Arbeitstechniken eingesetzt – ein einzelner Mitarbeiter soll sich überlegen, was jetzt mit dem aktuellen Stand passiert und einen Aktionsplan erstellen. Die meisten kehren dann zurück zu den ursprünglichen konventionellen Best Practices (unstrukturierte Meetings, Powerpointpräsentationen, Excel-Listen abhaken) — wenn es mit denen schief geht, kann man ja immer noch darauf verweisen, dass man es ja so gemacht hat, wie es in der Vergangenheit immer gut ging.

Oft ist dann zu hören: „Design Thinking? Haben wir ausprobiert – das hat uns aber nicht geholfen.“ 

Ein einmaliger Workshop bringt nach unserer Erfahrung gute Ansätze, ein besseres Problemverständnis in diversen Teams und einen erweiterten Blickwinkel für die eigenen Kunden. Das alles stellt einen Wert für sich dar. Wenn Teams länger mit Design Thinking arbeiten stellt sich aber häufig auch große Unsicherheit ein. Dauert die Arbeit so nicht viel länger? Wer sagt uns, dass die Ergebnisse besser sind, als wenn wir so weitergemacht hätten wie bisher? Was sollen wir aus all den gesammelten Informationen herauslesen? Ist der Nutzen größer als der Aufwand? 

An dieser tritt die gute Nachricht auf den Plan: Design Thinking bietet Ansätze, die helfen, den Umgang mit Unsicherheit erträglicher zu machen.



1. Am Anfang nicht zu sehr auf das Endergebnis schielen

Creative Confidence bedeutet, die Unsicherheit auszuhalten, wenn sich herausstellt, dass erste Annahmen und Ideen nicht den Zuspruch finden oder sich nicht so realisieren lassen, wie es sich das Team oder Einzelne erhofft haben. Konventionelle Wege bieten ja auch nur gefühlt mehr Sicherheit. Wie oft erleben wir es, dass alle zielstrebig auf ein Endergebnis hinarbeiten und sich kurz vor Schluß herausstellt, dass vieles gar nicht passt oder bedacht wurde? Häufig machen Teams dann noch „das Beste“ daraus oder man muss im Prozess weit zurückgehen, um getroffene Entscheidungen neu zu evaluieren. Reibungsverluste, Zeitprobleme sind dann noch geringere Probleme – die Kosten, die bis zu dem Zeitpunkt dann schon aufgelaufen sind, können nicht mehr eingespart werden.

2. Die „Zwischenergebnisse“ des Design Thinking schätzen lernen

Auch, wenn die gefundenen Lösungsansätze im ersten Schritt nicht zufriedenstellend sind, bedeutet dies nicht, dass der Design Thinking Ansatz nicht erfolgreich war. Unterwegs hat das Team viele wichtige Zwischenergebnisse erreicht:

  • dasselbe Verständnis über die vom Team zu lösende Aufgabe
  • mehr Empathie für die Kunden
  • besseres Verständnis dafür, was Kunden in einer bestimmten Situation zu erreichen versuchen (vielleicht sogar ohne, dass ihnen das selbst bewusst ist)
  • Erweiterung des Problemlösungsansatzes um emotionale Faktoren, die bei rein unter technischen Gesichtspunkten definierten Lösungen zum Scheitern führen
  • günstige erste Prototypen, die es ermöglichen, eine Lösung zu evaluieren und Feedback zu erhalten bevor ein teures Endprodukt gebaut wird

Design Thinking ist ein iterativer Prozess – keine Autobahn ohne Wendemöglichkeit. Schleifen gehören dazu. Annahmen müssen evaluiert und adjustiert werden. Dadurch wird das Wissen und die Intuition aller Beteiligten gestärkt. Durch schnelle Design Thinking Zyklen werden kritische Punkte, die beim konventionellen Arbeiten häufig erst spät erreicht werden, schon früh vorweggenommen.

3. Trennung von Struktur und Inhalt führt zu mehr Effizienz

Zu jedem Design Thinking Schritt gibt es Methoden und Vorgehensweisen, die, konsequent angewendet, zu mehr Effizienz führen. Dabei ist es wichtig, im Team vorab zu überlegen, welche Methoden und Strukturen gemeinsam genutzt werden sollen. Das fällt vielen schwer – sie verfallen sofort in inhaltliche Diskussionen, die dann unstrukturiert und später schlecht nachvollziehbar sind. Das führt zu Meetings, in denen immer wieder dieselben Themen diskutiert werden, ohne dass Prioritäten gesetzt werden. 
An die strukturierten Methoden von Design Thinking müssen sich viele Teams erst einmal gewöhnen. Dann jedoch führen sie zu besser abgestimmten Ergebnissen, die von Teams auf breiter Basis getragen werden und zu effizienterem Zeit- und Ressourceneinsatz führen.

4. Kreativität ist kein lustiger Zufall, sondern gründet in unermüdlicher Iteration

Innovative Ideen entstehen, wenn bestehendes Wissen mit neuem Wissen verknüpft und kreativ kombiniert wird. Das passiert in der Regel nicht von einem Tag auf den anderen, sondern wenn eine Fragestellung und mögliche Lösungsansätze immer wieder im Kopf gedreht und gewendet werden. Auch hier ist Iteration der Schlüssel. 
Und auf einmal ist sie da – die magische neue Idee – wie aus dem Nichts.